Dienstag, 7. Juni 2011

„Es gibt keine Antisemiten“


Gastbeitrag von Rabbi Elisha Greenbaum
 
Die Tora berichtet, dass Mosche, wenn die Kinder Israels ihr Lager abbrachen, um weiter durch die Wüste zu wandern, ausrief: „Erhebe dich, o G-tt, zerstreue deine Feinde und jage sie in die Flucht.“1

Der römische Kaiser Hadrian war ein unbelehrbarer Judenhasser. Einmal, als er spazieren ging, sah er einen Juden in der jubelnden Menge, und er rief: „Wie? Ein verfluchter Jude beleidigt meine Majestät, indem er mich öffentlich grüßt? Kreuzigt ihn!“

Die Nachricht von dieser Gräueltat verbreitete sich schnell, und als Hadrian wieder unterwegs war, hielt sich ein Jude, der das Pech hatte, in der Nähe zu sein, von der Menge fern. Er schwieg und kauerte sich unterwürfig an den Straßenrand. „Wie? Ein verfluchter Jude beleidigt meine Majestät, indem er mich öffentlich missachtet? Kreuzigt ihn!“, schrie Hadrian.

Als seine Berater sich über sein unlogisches Verhalten wunderten, erklärte er: „Mit meinen Feinden gehe ich um, wie es mir passt.“

Aber waren die Juden wirklich seine Feinde? Konnte ein kleines Volk solchen Hass auslösen? Es ist wichtig, dass Mosche im oben zitierten Vers G-tt nicht bittet, uns gegen unsere Feinde zu verteidigen, sondern, sie zu zerstreuen und zu verjagen.

Der uralte Streit zwischen Juden und Judenhassern ist eine Fehlbenennung. Als ich das Todeslager Dachau besuchte, störte mich das große Schild am Krematorium, das die Gedenkstätte „jenen, die im Kampf gegen Nazismus starben“ widmete. Das passte vielleicht auf die politischen Regimegegner, die hier leiden und sterben mussten. Aber der Onkel und die Vettern meines Großvaters und Tausende von anderen Märtyrern haben gegen nichts gekämpft. Sie lebten ruhig und zufrieden, bevor Hitler und seine Schergen sie holten. Hier von einem „Kampf“ zwischen unschuldigen Opfern und Henkern zu sprechen, ist ebenso unangebracht wie die Bezeichnung „Kreislauf der Gewalt“, wenn die Bemühungen unserer heutigen Gesellschaft gemeint sind, sich vor Selbstmordattentätern zu schützen.

Der Kampf findet nicht zwischen unseren Feinden und uns statt. Nein, G-ttes Feinde nehmen uns in ihrem Kampf gegen Rechtschaffenheit und G-ttlichkeit als Geiseln. Judenhass ist so eingefleischt und verbreitet, dass es keinerlei logische Erklärung mehr dafür gibt, es sei denn, wir sehen darin den ewigen Kampf böser Menschen gegen G-tt.

Wenn sie nicht gegen uns, sondern gegen G-tt kämpfen, haben wir nur eine Alternative: Wir müssen als Juden leben, einerlei, wie sehr wir provoziert werden. Wenn der Hass sich gegen unsere besondere Beziehung zu G-tt richtet, ist es G-ttes Pflicht, sich gegen seine Feinde zu wehren und uns zu retten, damit wir unsere historische Mission, G-ttlichkeit in die Welt zu bringen, fortsetzen können.
 

Anmerkungen
1. Num. 10:35.


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© Rabbi Elisha Greenbaum (Originaltext)
 
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